www.framaria.de


Notiz aus dem Tagebuch

Das Abreißen der Nabelschnur nicht im physischen, sondern im psychischen Sinne, - der große Aufruf zur Entwicklung des Menschen und eine schwierigste Aufgabe

Wie häufig suche ich nach den Wörtern, die mich wieder zum Leben bringen können. Tausendmal am Tag überlege ich mir, wo ich sie finden kann? In der Einsamkeit? Unbedingt. Aber wo? Unter der Dusche. Ja, so ist prosaisch.

Ich fühle mich unter dem Strahl des heißen Wassers, wie die Tropfen über mein Gesicht rinnen, wie die verbrannten Tränen. Ich kann schon etwas wochenlang nicht in Tränen ausbrechen. Obwohl ich das Datum genau bestimmen könnte, aber, ich will nicht. Den einigen Wörtern werde ich keine Bestimmungen geben, den Daten - keine Zahlen. Ich bin wieder alleine. Dieser Fakt ist zum tiefsten Bedauern und unbestreitbar.

"Bedauere ich sehr": stöhne ich laut und wieder und wieder, aber das Wasser betäubt meine Stimme, ich empfinde, wie mir die Wörter tiefer in die blutende Wunde dringt. Ich beuge den Kopf nach unten. Die heißen Tropfen werden über den Rücken laufen und bilden Spuren, die den Körper gleich abkühlen. Mir ist es eben gleichzeitig angenehm und unangenehm. Die beiden Gefühle sind schwierig abzugrenzen.

Er war meine Droge, die allmählich in mein entzündendes Blut einging. Danach ist er verschwunden, ohne aufzuklären. Kein Roman war zwischen uns. " Gib mir ein wenig Zeit ": waren seine letzten Wörter, die über die Schulter geworfen sind. Warum? Die Klauen noch tiefer in den Zweifel einschlagen, mich zum Schluss stärker zu verletzen.

Nach einiger Zeit begreife ich, er wird nie zurückkehren. ich schließe die Augen und stelle mir vor, dass er zu mir kommt und den Knopf der Klingel drückt und ich werde die Tür öffnen und werde trotz aller Gesetzen der Logik und des Ehrgeizes um den Hals fallen. Der Geruch seiner Haut wird mich einhüllen und werde ich glücklich sein und den Trauring mit Stolz anziehen, mit dem er mich verpflichtet hat, die Treue zu bewahren, nicht vor anderen Menschen, sondern unserem Gewissen und der Liebe.

Folglich steige ich ins Bad. Der Schaum hat es angefüllt und bis den Schultern eingehüllt, ich presse ihn berührend in der Faust zusammen und zerstöre ihn. Nach dem Wunsch wieder zu schaffen und in die Ruinen umzuwandeln. Zurückwerfende Haare raufe ich, um das Gesicht zu befreien. Doch, nicht jede Geschichte sollte das Ende gut sein. Das Leben wäre langweilig. und die Kunst - einförmig.

Wem hat er die Liebe geschenkt? Wieder erinnere ich mich an sie, die erstaunliche Frau aus den Träumen und der fernen Vergangenheit. Ihre Stimme und die Intonationen, von denen ich eine Gänsehaut bekam, erschüttern mich besonders. So sprechen nur die Aristokraten und sie ist ohne Zweifel edel. Daher verunglimpft sie mich vor Ihm. Ja, sie.

Wäre es auf ihrer Stelle andere Frau und der Verrat - physisch, hätte ich ihn aus dem Gedächtnis gelöscht, wie ich jetzt die Reste des Schaums so leicht vom Körper abwasche. Aber, sie….

Wäre es meine Trübsal körperlich oder seelisch, aber - nein. Tiefer, die Sehnsucht der Vernunft regiert mich. Ich ziehe mir den Badenmantel an und gehe ich aus dem Badezimmer hinaus und die plötzliche Kälte lässt mich von meiner Fantasie erstarren.

Ich erfasse deutlicher, dass er nie zurückkommt und muss daraus eben lernen, wie ich damit klar komme.

10.11.2006
Maria Frank

Das Potenzial der Psychoanalyse liegt nicht so sehr darin, ein seelisches Troja zu finden. Ihr Potenzial liegt in der Möglichkeit, dass sich der Mensch eine symbolische Geschichte verschafft. Eine innerste Geschichte, in deren Licht er sich als Mensch begreifen kann.
(Sigmund Freud)

Zurück

2005-2006 © Maria Frank www.framaria.de
aktualisiert am 24.02.2014